Glaubt man der PR aus Brüssel, hat Europa jetzt seine eigenen Avengers: Die neue Superheldentruppe besteht aus der EU-Kommission und den vier Plattformanbietern Google in Form von YouTube, Facebook, Microsoft und Twitter. Gemeinsam wollen sie Hetze im Internet stärker bekämpfen, die Ausbreitung von Hassbotschaften unterbinden, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in sozialen Netzwerken stoppen und nebenbei noch Freiheit und Toleranz im Netz fördern.

So steht es in einem neuen Verhaltenskodex, den die vier Unternehmen und die EU-Kommission am gestrigen Dienstag in Brüssel vorstellten. Demnach verpflichten sie sich, "klare und wirksame Verfahren" für die Prüfung von Hasskommentaren einzurichten. Anträge sollen binnen 24 Stunden geprüft und die entsprechenden Inhalte gegebenenfalls gelöscht werden. Gleichzeitig sollen sie künftig enger mit nationalen Kontaktstellen und Partnerorganisationen zusammenarbeiten.

Gemeinsam im Kampf gegen den Hass – das ist natürlich eine gute Schlagzeile. Sie passt auch hervorragend in den Diskurs, der seit einigen Monaten die öffentliche Debatte über soziale Netzwerke bestimmt: Rassistische Kommentare auf Facebook. Terrorpropaganda auf Twitter. Hatespeech auf YouTube und Reddit. All das und "die jüngsten Terroranschläge" hätten der EU-Kommission vor Augen geführt, "wie dringend gegen illegale Hetze im Internet vorgegangen werden muss", sagte die verantwortliche EU-Kommissarin Věra Jourová. Sie begrüßt deshalb die Selbstverpflichtung der vier großen IT-Unternehmen.

Die IT-Unternehmen kommen der EU-Kommission entgegen

Und die begrüßen freundlich zurück: "Wir freuen uns auf die gemeinsame Arbeit mit der EU-Kommission", heißt es vonseiten Googles. "Wir freuen uns auf einen weiteren konstruktiven Dialog", sagt die Europachefin von Twitter. Und Monika Bickert von Facebook ist froh, dass man die eigenen Anstrengungen zur Bekämpfung von Hasskommentaren mit europäischer Unterstützung fortsetzen könne.

So viel Harmonie herrscht selten zwischen beiden Seiten. Wäre die Beziehung zwischen den führenden US-Technikunternehmen und der EU-Kommission nämlich ein Facebook-Status, könnte man sagen: Es ist kompliziert. Google steht aufgrund der Gestaltung seiner Suchergebnisse und der marktbeherrschenden Stellung des mobilen Betriebssystems Android derzeit im Fokus von Wettbewerbsverfahren. Die Streamingdienste von Amazon und Netflix sollen künftig mehr europäische Filme und Serien zeigen, Microsoft wurde vor drei Jahren zu Bußgeldzahlungen in Höhe von mehr als 560 Millionen Euro verdonnert.

Die Debatte um Hasskommentare und der nun vorgestellte Verhaltenskodex bieten den Unternehmen nun die seltene Möglichkeit, die Wogen zumindest etwas zu glätten und der EU-Kommission politisch entgegenzukommen. Und das Beste aus ihrer Sicht: Groß verbiegen müssen sie sich dafür nicht. Denn vieles von dem, was die Selbstverpflichtung enthält, tun sie ohnehin bereits. Mit dem Verhaltenskodex bekräftigen sie nur ihre Bemühungen.