Nach den gewalttätigen Übergriffen während der Silvesternacht in Köln rätseln Stadt und Polizei über die Hintergründe. 60 Anzeigen sind bislang bei der Polizei eingegangen, teilte die Behörde auf einer Pressekonferenz mit. Darunter seien solche wegen Diebstahls von Taschen, Handys und Geldbörsen. 15 stammten von Frauen, die sexuelle Übergriffe anzeigten, berichten die Süddeutsche Zeitung sowie der Kölner Stadt-Anzeiger. In einem Fall handele es sich "in juristischer Hinsicht um Vergewaltigung", sagte der Kölner Polizeipräsident Wolfgang Albers. Es seien "Straftaten einer völlig neuen Dimension".

Am Silvesterabend hatten sich auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofs große Gruppen von Männern versammelt, die Polizei spricht von 1.000 Personen. Bestätigt sind diese Zahlen bisher nicht. 143 Polizeibeamte seien aus dem Stadtgebiet zum Hauptbahnhof hinzugezogen worden, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Zudem seien 70 Bundespolizisten vor Ort gewesen, darunter Spezialeinheiten, heißt es weiter.

Am Neujahrstag war eine Ermittlungsgruppe eingerichtet worden, die nun die Täter finden soll. Die Polizei geht von mehreren Hundert Tatverdächtigen aus, wie der WDR berichtet. Demnach sollen Gruppen von jeweils bis zu 40 jungen Männern die Opfer umzingelt, abgetastet, beleidigt, belästigt oder bestohlen haben, teilweise sollen mehrere Vergehen gleichzeitig begangen worden sein. Gesucht werden auch Opfer und Zeugen, sagte ein Sprecher der Behörde.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) reagierte scharf auf die Ereignisse. "Wir nehmen es nicht hin, dass sich nordafrikanische Männergruppen organisieren, um wehrlose Frauen mit dreisten sexuellen Attacken zu erniedrigen", zitierten der Kölner Express und der Kölner Stadt-Anzeiger den Minister. "Deshalb ist es notwendig, dass die Kölner Polizei konsequent ermittelt und zur Abschreckung Präsenz zeigt." Zuvor hatte bereits Polizeipräsident Albers auf die mutmaßliche ethnische Herkunft der Täter hingewiesen. Die Männer stammten "dem Aussehen nach aus dem arabischen oder nordafrikanischen Raum", sagte Albers. Dies hätten alle Zeugen übereinstimmend ausgesagt. Normalerweise nennt die Polizei die mutmaßliche Herkunft von Verdächtigen nicht.

Dass die Polizei im Kölner Fall von dieser Linie abweicht, nennt der NRW-Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Arnold Plickert, "genau richtig". Im MDR Info sagte er: "Wir müssen sehen, wer war das. Und das darf auch nicht verschwiegen werden, weil es dann genau in die falsche Richtung geht." Plickert sprach von 80 Geschädigten, von denen ein Drittel sexuellen Übergriffen ausgesetzt gewesen sei.

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) bezeichnete die Vorfälle als "ungeheuerlich" und hat für Dienstag ein Krisentreffen angesetzt. Im Fokus sollen dabei mögliche Sicherheitsmaßnahmen für den Karneval stehen. Dabei soll über eine personelle Verstärkung der Polizei sowie eine temporäre Videoüberwachung diskutiert werden. An dem Treffen sollen unter anderem die Kölner Polizei, die Bundespolizei und Stadtdirektor Guido Kahlen teilnehmen, wie eine Stadtsprecherin sagte.

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