Eigentlich haben Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen und der geschasste Generalbundesanwalt Harald Range der Pressefreiheit im Lande einen Gefallen getan. Denn mit den von Maaßen initiierten und von Range eingeleiteten und erweiterten Ermittlungen wegen angeblichen Landesverrats gegen die Betreiber des Blogs netzpolitik.org haben sie einen breiten Protest in der Öffentlichkeit und im Netz ausgelöst. Und der zeigt, wie wichtig den Bürgern unabhängige, von keiner staatlichen Bevormundung gegängelte Medien sind, die Missstände offenlegen.

Sicherlich war das nicht die Absicht von Maaßen und Range. Dem Verfassungsschutzchef ging es bei seiner Anzeige vordringlich darum, undichte Stellen in seinem Inlandsgeheimdienst zu finden, durch die immer wieder interne, vertrauliche Unterlagen in die Medien gelangen. Range konstruierte dann daraus den Vorwurf des Landesverrats. Das mag man aus gutem Grund als absurd kritisieren, weil die Betreiber des Blogs keine geheimen Unterlagen veröffentlicht haben, welche die äußere Sicherheit des Landes gefährden könnten, wie es der Strafrechtsparagraf verlangt. Doch es lag in seinem Ermessensspielraum.

Justizminister Heiko Maas hat mit seiner Intervention in das Verfahren und der Entlassung von Range, als der öffentlich heftig gegen seine Anweisung protestierte, der Sache letztlich keinen Gefallen getan. Natürlich war es sein Recht, ein Gutachten zu stoppen, das die Anschuldigung des Landesverrats laut Range untermauerte. Denn der Generalbundesanwalt ist wie alle Staatsanwälte, anders als Richter, nicht unabhängig, sondern Weisungen des Ministers unterworfen. Und der konnte ihn deshalb auch konsequenterweise in den Ruhestand versetzen, als Range opponierte.

Eine ganz andere Frage ist jedoch, ob sein Vorgehen klug war. Das Justizministerium war, wie das Innenministerium, schon früh über die beabsichtigten Ermittlungen informiert. Maas hätte schon da gleich eingreifen und das Verfahren stoppen können. Dass er es erst tat, nachdem die Sache bekannt wurde und der öffentliche Aufschrei groß war, weckt tatsächlich den von Range als Vorwurf formulierten Eindruck, er habe jetzt nur deshalb gehandelt, weil es ihm politisch opportun erschien. Was zwar formal korrekt war, aber de facto einen Eingriff in ein laufendes, wenn auch derzeit ruhendes Ermittlungsverfahren darstellt. 

Besser wäre es gewesen, das Verfahren laufen zu lassen, nachdem es einmal in Gang gekommen war. Denn Range hatte ja selbst Zweifel, sonst hätte er zu der entscheidenden Frage kein Gutachten angefordert. Und selbst danach hätte er die Ermittlungen jederzeit einstellen können, wenn sich der Verdacht nicht erhärtete. Hätte er jedoch am Ende Anklage erhoben, hätten immer noch Richter entscheiden müssen, ob sie sie zulassen, von einer späteren Verurteilung ganz abgesehen.

Vor allem aber hätte das Verfahren, wenn es schließlich wahrscheinlich vor dem Bundesverfassungsgericht gelandet wäre, Klarheit darüber bringen können, wie das oberste deutsche Gericht heute die Pressefreiheit auslegt und was es von dem noch aus dem Kalten Krieg stammenden Tatbestand des Landesverrats hält. Die letzte Entscheidung dazu ist mehr als 50 Jahre alt, sie stammt aus der Spiegel-Affäre. Seitdem hat sich die Medienkultur gewaltig geändert und auch die Vorstellung davon, was der Staat vor dem Zugriff von Journalisten verbergen darf und was nicht, siehe zum Beispiel das Informationsfreiheitsgesetz. Dazu gehört auch die Frage, was im Internetzeitalter überhaupt Medien sind. Zählen dazu auch Blogs wie netzpolitik.org oder auch Bürgerjournalisten im Netz? Und wie ist es mit dem Schutz von Whistleblowern?

Zu alldem wäre es interessant, die Meinung der Karlsruher Richter zu erfahren. Denn sie haben die Freiheit der Medien als Kernbestandteil der Demokratie immer sehr hoch gehalten.