ZEIT ONLINE: Herr Kübel, Bosch bündelt die Grundlagenforschung an einem neuen Standort. Glauben Sie wirklich, dass bunte Großraumbüros mit Fitnessräumen Mitarbeiter kreativer machen?

Christoph Kübel: Im neuen Forschungscampus in Renningen führen wir Mitarbeiter aus drei Standorten aus dem Großraum Stuttgart zusammen. Das spart Fahrzeiten und erleichtert unseren Forschern die Zusammenarbeit. Aber das ist nur ein Baustein. Wir wollen die Bereiche nicht nur räumlich zusammenbringen, wir wollen auch die Kreativität der Mitarbeiter fördern, ihnen Raum für ihre Ideen geben.

Indem wir die Arbeitsplätze anregend gestalten, regen wir die Mitarbeiter auch an, inhaltlich innovativ zu sein. Durch die räumliche Nähe ist jetzt ein direkter Austausch zwischen den verschiedenen Disziplinen möglich. Viele Mitarbeiter arbeiten schon seit einigen Monaten auf dem Campus. Sie berichten, dass das Zusammentreffen in den vielen Teambereichen, in denen Begegnung und Austausch spontan möglich sind, erheblich zum Entstehen neuer Ideen beitragen. Die Architektur und Arbeitsplatzgestaltung sind letztendlich Ausdruck unserer Arbeitskultur.

ZEIT ONLINE: Das Konzept kennt man von Google. Warum kommt Bosch erst jetzt darauf?

Kübel: Bei Bosch legen wir schon lange Wert auf eine innovationsfördernde Arbeitskultur. An vielen Standorten ermöglicht die Gestaltung unserer Arbeitsplätze und das Arbeitsumfeld ein kreatives und schöpferisches Zusammenarbeiten. In Renningen hatten wir mit dem Neubau die einmalige Chance, bewährte und neue Ansätze zusammenzuführen. Die Arbeitsumgebung unserer Forscher ist ganz speziell an ihre Bedürfnisse und am Innovationsprozess ausgerichtet. Unser Forschungszentrum ist daher an die Architektur eines universitären Campus angelehnt.

ZEIT ONLINE: Mit dem Ziel, dass die Forscher möglichst viel Zeit am Arbeitsplatz verbringen?

Kübel: Nein. Im Unterschied zu vielen Internet-Unternehmen wollen wir nicht, dass die Mitarbeiter hier 24 Stunden tätig sind und ihr Privatleben im Büro verbringen. Uns ist wichtig, dass unsere Mitarbeiter in den geregelten Feierabend gehen und zeitlich über sich selbst bestimmen können. Wir bieten eine angenehme Arbeitsumgebung, die Zufriedenheit und Ideenkraft fördert. Wir wollen jedoch weg von einer Präsenzkultur, in der der Einzelne keine echte Zeitsouveränität hat. Unser Ziel bei Bosch ist der Wandel hin zu einer stärkeren Ergebnisorientierung. Wir unterstützen deshalb mehr als 100 verschiedene Arbeitszeitmodelle. Diese sollen unseren Beschäftigten eine gute Vereinbarkeit des Privatlebens mit dem Beruf ermöglichen. Das macht uns auch zum attraktiven Arbeitgeber.

ZEIT ONLINE: Mitarbeiter in der Produktion bekommen aber keine bunten Arbeitsräume und flexiblen Arbeitszeiten. Schaffen Sie damit nicht eine Zwei-Klassen-Gesellschaft unter den Beschäftigten?

Kübel: Das ist ein wichtiger Punkt. In der Fertigung unterscheiden sich die Anforderungen der Mitarbeiter von denen der Forscher. Grundsätzlich gelten unsere Leitlinien einer flexiblen und familienbewussten Arbeitskultur für das gesamte Unternehmen. Aber nicht überall haben wir die gleiche Ausgangsbasis. In der Fertigung verändern wir die Rahmenbedingungen zunehmend so, dass auch die Mitarbeiter dort eine größere Flexibilität haben. Zum Beispiel gibt es Familienschichten, die erst um 8 Uhr statt um 6 Uhr beginnen. Das soll Vätern und Müttern die Chance bieten, ihre Kinder morgens in die Schule oder die Kita zu bringen. Ein weiteres Beispiel sind Schichten mit sogenannten Springern, die kurzfristig Tätigkeiten übernehmen, wenn jemand private Angelegenheiten zu regeln hat. Ebenso bringen wir Mitarbeiter zusammen, die sich einen Arbeitsplatz teilen möchten.

ZEIT ONLINE: Die 100 verschiedenen Arbeitszeitmodelle gelten aber nicht für die Produktion.