Die Sache mit Ebay macht Larisa* schon lange nicht mehr. Finden, kaufen, verkaufen – damit haben Larisa und ihre Freundin Kate* sich eine Weile gut 100 Pfund in der Woche dazuverdient. Ein wertvolles Taschengeld in einer teuren Stadt wie London. Vor Ebay stand Larisa jede Woche 24 Stunden hinter einer Theke und hat Brote mit Cheddar und eingelegten Gurken belegt. Anders konnte sie sich ihr Mode-Studium an der University of Kent nicht leisten. Im Jahr 8.500 Pfund, gut 10.000 Euro, kosten allein die Studiengebühren. Heute schüttelt sich die Studentin bei dem Gedanken an Überstunden und den Geruch von Bratfett, der sich nach jeder Schicht in ihre Kleidung gefressen hat.

Larisa, die ihren echten Namen lieber nicht online lesen möchte, sitzt in feiner weißer Bluse in der Lounge eines Londoner Luxus-Hotels. Neben ihr liegt die Burberry-Tasche, das Karomuster diskret nach unten gedreht. Ihr Tisch, das ist der zweite links neben dem Eingang, etwas versteckt hinter einer Marmorsäule. Hier hat sie vor 18 Monaten ihren Freund kennengelernt. Damals war es ihr wichtig, dass sie nicht jeder sofort sehen konnte, als Steven ihr einen Espresso Martini nach dem anderen ausgegeben hat und der Alkohol und Stevens Charme ihr langsam den Kopf verdrehten.

"Er hat mir von Anfang jeden Wunsch von den Lippen abgelesen", sagt Larisa. Ältere Männer wüssten viel besser, was Frauen wollen, da sei sie sich mittlerweile sicher. Larisa ist 23, Steven 46 Jahre alt und seit gut einem Jahr nennen die beiden sich ein Paar. Dass es einmal so weit kommen würde, hätte Larisa an diesem Tag vor 18 Monaten nicht geglaubt: "Es war alles nur ein großer Spaß." Diesen Satz sagt Larisa oft.

Die Geschichte von Steven und Larisa beginnt mit einer Facebook-Nachricht ihrer Freundin Kate: "Vergiss Ebay, das hier ist noch viel besser :) Komm rüber." Im Anhang der Link zu seekingarrangement.com, einer Dating-Website für "mutually beneficial relationships", so die Eigenwerbung. Reiche Männer, die schöne Frauen lieben, treffen auf schöne Frauen, die Luxus lieben. Welches Arrangement gilt, können Sugar Baby und Sugar Daddy selbst entscheiden. Einige tausend Studentinnen aus England sollen sich im vergangenen Jahr bei seekingarrangement.com angemeldet haben. An Larisas Uni in Kent waren es nach Angaben der Seite mehr als 200.  

"Unanständige Assistentin gesucht"

Einen ganzen Nachmittag liegen die Mädchen auf dem rauen Wohnheimboden in Kates Zimmer, den Laptop abwechselnd auf ihren Bäuchen balancierend, und scrollen sich durch die Profile der Sugar Daddys. Neben Bild, Name und Alter blinken die nackten Zahlen: Das Jahreseinkommen, Gesamtvermögen und den Betrag, den der großzügige Sugar Daddy bereit ist für sein Baby auszugeben. Alle Teilnehmer müssen diese Angaben machen. "Suche leidenschaftliche Prinzessin, die ich verwöhnen kann", steht da, oder auch "Unanständige Assistentin gesucht". Die Mädchen schütteln sich vor Lachen, den Laptop auf dem Bauch.

Bis Kate plötzlich innehält: "Lari, wir melden dich da jetzt an." Larisa hat Zweifel, Kate drückt auf Registrieren.

Als Larisa sich ein paar Tage später noch mal einloggt – nur so aus Spaß – hat sie 112 neue Nachrichten. Larisas Typ ist gefragt: Wie ein modernes Großstadt-Schneewittchen sieht sie aus mit ihrer sanften Blässe, den rot geschminkten Lippen, den regelmäßigen Gesichtszügen und den langen braunen Haaren. Vom edlen Ritter fehlt auf seekingarrangement.com bloß jede Spur: Da seien ein Haufen komischer Typen gewesen, alte, perverse, unverblümte und viele, die gar nicht in London wohnen, sondern nur eine Reisebegleitung für einsame Hotelnächte suchten.

Von 112 Anfragen und nach einem Dutzend Gespräche entscheidet Larisa, drei Männern eine Chance zu geben: Alle trifft sie am selben Tag, in der selben Hotel-Lounge, einen nach dem anderen. Freundin Kate ist den ganzen Tag dabei. Am Tisch schräg gegenüber wacht sie über ihre Freundin. Nur wenn Larisa ihren Perlohrring unauffällig dreht, soll Kate einschreiten.