Was passiert, wenn man vor gesundheitsbewussten Lesern eine Flagge mit dem Wort "Jude" hisst? Dann hören Hunderte von ihnen, sportlich wie sie sind, auf der Stelle mit dem Training auf und schreien herum. Was, mehr oder weniger, das ist, was nach dem letzten Artikel an dieser Stelle passiert ist, als mehr als 200 Kommentarschreiber sich die Mühe machten, ihre innersten Gefühle niederzuschreiben, in Worten, die zum Himmel schrien.

Zum Glück kann ich ihren Lärm kaum hören. Ich bin gerade in New York, nicht in Deutschland und nicht in Israel. Und in New York, ob Sie's glauben oder nicht, ist "Jude" kein Four-Letter-Word, und niemand regt sich allzu sehr darüber auf.

Hier in New York geben wir alle uns große Mühe, nett zueinander zu sein, egal, wie es uns gerade geht, und die Stadtverwaltung versucht alles, uns davon abzuhalten, Kolumnen zu lesen, und uns stattdessen zum Trainieren zu verlocken. Ein solches städtisches Programm ist zum Beispiel Shape Up NYC. Worum geht es da? Die Stadt beschreibt es so: "Gratis Fitnesskurse. Professionelle Trainer. 42 Standorte in ganz New York City. Es war noch nie so einfach, in Form zu kommen!"

Richtig so! Ich weiß, es ist höchste Zeit, dass ich in Form komme! Ich entscheide mich für den Standort Chelsea – ich mag Chelsea –, und als ich das Gebäude betrete, erfahre ich, dass heute der Kurs Hot Hula auf dem Programm steht. Ich habe keine Ahnung, was Hula ist, aber Hot gefällt mir, und deshalb melde ich mich an.

Der Kurs geht los, und das Erste, was mir auffällt, ist: Kein einziger Mann interessiert sich für Hot Hula. Alle um mich herum sind Frauen.

Nicht, dass ich mich darüber beklagen würde.
Sie wussten es vielleicht noch nicht, aber ich bin nicht nur Jude, sondern auch heterosexuell. Und nur von Frauen umgeben zu sein, ist ein wahr gewordener Traum für mich. Es ist wie das Paradies.

Jedenfalls ist Hula, um das Ganze abzukürzen, tatsächlich heiß. Oh Baby, so was von heiß!
Um mich herum stehen 20 Damen, die voll damit beschäftigt sind, ihren Hintern zu schütteln. Nein, wirklich, ich denke mir das nicht aus. Wenn ich mich nicht irre, landet man in Florida im Knast, wenn man seinen Arsch so bewegt. In New York offenbar nicht. Hier ist das ganz legal!

Bin ich in der Playboy Mansion gelandet?
Nicht ganz. Beim Hula geht es darum, seinen Popo so heiß wie möglich zu bewegen. Das ist ein wunderbarer Anblick, aber die Stadt New York gibt kein Geld dafür aus, damit ich hier herumstehe und zusehe, wie Damen ihren Popo bewegen. Ich muss tun, was sie tun. Da gibt es natürlich ein winziges Problemchen: Mein Bauch ist dicker als mein Hintern, und ich habe keinen blassen Schimmer, wie ich meinen Popo bewegen kann, ohne zugleich meinen Bauch zu bewegen. Aber gerade darum geht es beim Hula: den Unterkörper zu bewegen, vor allem den Popo, ohne den Oberkörper zu bewegen. Ich werfe heimlich einen Blick auf die Damen und stelle schnell fest, dass die weißen Damen hier Hula genauso wenig verstehen wie ich, egal, wie schlank sie sind. Sie geben ihr Bestes, aber ihren Bewegungen fehlt jegliche Anmut.

Unsere Lehrerin, eine nette Dame von den Philippinen, die Maria Puno heißt, bemerkt mein Dilemma und beginnt ein Gespräch mit mir. Hot Hula, erklärt sie mir, "ist eine Kombination verschiedener polynesischer Tänze, und zwar auf Fitness-Level". Ihre Beschreibung von Hot Hula ist, wie Sie sehen, viel poetischer als "in Chelsea seinen Popo bewegen".

Ist Hot Hula nicht das Gleiche wie Zumba?, frage ich sie, um ihr etwas weniger Poetisches zu entlocken. "Nein", sagt sie. Hot Hula ist "sanft".

Was soll das heißen?

"Keine Sprünge, aber hohe Intensität."

Wieso sind hier außer mir keine Männer?

"Vielleicht fühlen sie sich nicht wohl dabei, ihre Hüften zu bewegen."

Ich sage "den Popo bewegen", aber Maria bevorzugt "Hüften". Nicht schlecht!

Ich mache weiter.
Mir ist aufgefallen, erzähle ich Maria, dass die weißen Frauen nicht sehr gut darin sind. Kann das sein?

"Ja", sagt sie, aber sie gibt zu, den Grund dafür nicht zu kennen.

Verraten Sie mir eins: Wie wackelt man mit dem Arsch, als wäre er nur lose mit dem Körper verbunden und als könnte er sich frei bewegen, während der Rest des Körpers ganz steif bleibt?

"Es geht nur um die Hüften", klärt sie mich auf.

Das war mir total neu. Ich hätte nie gedacht, dass meine Hüften meinen Popo bewegen können.

Ich lerne nie aus!

Ich sage Ihnen, bei Maria sieht das Ganze ausgesprochen anmutig aus. Ihr Oberkörper steht still wie bei einer Statue, und sie geht leicht in die Knie, um mit den Hüften ihren Popo zu bewegen. "Man schiebt die Hüfte vor, und dann folgt das Knie, aber nicht der Oberkörper."

Während sie das tut, spielt Maria 60 Minuten lang Reggae und hawaiianische Fusion-Musik, was perfekt zur Intensität dieser Hot-Hula-Popo-Fitness passt.

Ich liebe es!