Die Bundesregierung erwägt, westliche Geheimdienste in Deutschland durch eigene Agenten zu beobachten. Das berichtet Der Spiegel ohne Angabe von Quellen. Im Bundesamt für Verfassungsschutz gebe es bereits Pläne, die Abteilung Spionageabwehr auszubauen und die Botschaften von Partnerländern wie den USA und Großbritannien einer "Sockelbeobachtung" zu unterziehen. 

Nach Informationen des Spiegel geht es darum, genaue Kenntnisse über diplomatisch akkreditierte Nachrichtendienst-Mitarbeiter in Deutschland und die technische Ausstattung von Botschaftsgebäuden zu erlangen. Auch der Militärische Abschirmdienst der Bundeswehr prüfe derzeit, ob er bei der Spionageabwehr stärker befreundete Nachrichtendienste ins Visier nehmen sollte. 

Eine endgültige politische Entscheidung solle fallen, sobald sich das Bundeskanzleramt, das Innenministerium und das Auswärtige Amt abgestimmt hätten, schreibt der Spiegel. Von Bundesregierung, Innenministerium und Auswärtigem Amt waren zunächst keine Stellungnahmen zu erhalten.

Abkehr von jahrzehntelanger Praxis in Deutschland

Die Bundesregierung hatte die Abhörpraktiken des US-Geheimdienstes NSA scharf kritisiert, bislang aber keine konkreten Konsequenzen daraus gezogen. Der Schritt wäre eine Abkehr von der jahrzehntelangen Praxis, zwar die Tätigkeit von Ländern wie China, Russland oder Nordkorea zu überwachen, kaum aber die Aktivität westlicher Partnerländer.

Der innenpolitische Sprecher der CSU, Stephan Mayer, begrüßte einen möglichen Kurswechsel. "Man darf befreundete Staaten nicht außer Acht lassen", sagte er dem Nachrichtenmagazin. Auch Innenexperten von CDU und SPD wurden vom Spiegel mit wohlwollenden Äußerungen zitiert.

Chinesischer Spionageangriff vor G-20-Gipfel?

Das Magazin berichtete außerdem über einen mutmaßlichen Spionageangriff der chinesischen Geheimdienste auf die Bundesregierung. Im Vorfeld des G-20-Gipfels in St. Petersburg seien vergangenen September E-Mails mit Schadsoftware an ranghohe Mitarbeiter mehrerer Bundesministerien und Banken verschickt worden. Darin sei unter anderem ein Informationsaustausch unter den wirtschaftspolitischen Beratern der Staats- und Regierungschefs vorgegaukelt worden.

Eine Regierungssprecherin bestätigte dem Magazin erfolgreich abgewehrte Versuche, "die Informationssicherheit im Bundeskanzleramt auf dem beschriebenen Wege zu kompromittieren". Die Schadsoftware sollte nach Spiegel-Informationen ihre Ergebnisse nach China liefern und dürfte nach Erkenntnissen des deutschen Verfassungsschutzes "nachrichtendienstlichen Urhebern zugeordnet" werden.