Berlin gilt als die Vorzeigestadt in Europa im Umgang mit Muslimen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Viadrina-Universität in Frankfurt an der Oder. In Berlin-Kreuzberg, so das Ergebnis, sind muslimische Organisationen stark in verschiedenen Bezirksgremien vertreten, erhalten öffentliche Gelder und Bezirkspolitiker kooperieren mit muslimischen Vereinen: "Das ist angesichts der weithin wahrgenommenen Stigmatisierung und Marginalisierung vieler muslimischer Vereine und Organisationen in Deutschland sehr ermutigend", schreiben die Autoren der Studie.

In Berlin-Kreuzberg wohnen 35.000 der geschätzt 249.000 Berliner Muslime. Hier fühlen sie sich wohl und zugehörig, wie die Antworten in der Studie zeigen. Kreuzberg ist das Integrations-Modell für Muslime in Kopenhagen, Paris, Stockholm. Doch die Antworten zeigen auch: Das ist nicht überall in Berlin so. In Pankow-Heinersdorf verhinderte eine Bürgerinitiative fast den Bau einer Moschee. Überfremdungsängste gibt es auch in Berlin.

In Kreuzberg, Wedding und Neukölln leben die meisten Bewohner mit Migrationshintergrund. Und hier ist auch ein Großteil der über hundert Moscheen und Gebetsräume angesiedelt. Dahinter folgen Tiergarten-Moabit, das nördliche Schöneberg und der östliche Teil von Charlottenburg.

Kaum Moscheen im Osten

Ein Blick auf die Karte verdeutlicht, dass die Geschichte der Berliner Moscheen auch viel über die Teilung der Stadt in Ost und West erzählt – und über ihre unterschiedlichen Einwanderungsgeschichten. In 77 der 96 Berliner Ortsteile gibt es gar keinen islamischen Gebetsraum. Im ehemaligen Ostteil der Stadt sind es auch 24 Jahre nach der Wende nur zwei Gebetsräume, den einer kleinen türkischen Gemeinde in Mitte, sowie die umstrittene Khadija-Mosche in Pankow-Heinersdorf, die 2008 eingeweiht wurde.

Die Gründe dafür haben mit der Geschichte der Stadt zu tun: Zwar gab es bereits in den 1920er Jahren erste muslimische Gemeinden, die 1924 eine Moschee in Wilmersdorf erbauten. Doch die Geschichte der Berliner Moscheen setzt erst 1961 so richtig ein. Zwei Ereignisse fallen in dieses Jahr: Der Mauerbau und das erste Anwerbeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei.

Während im Ostteil der Stadt so gut wie keine Muslime zuzogen, brachten im Westteil Gastarbeiter aus der Türkei, Marokko und Tunesien ihren Glauben mit nach Berlin. Sie siedelten sich überwiegend in den drei westlichen Innenstadtbezirken Neukölln, Wedding und Kreuzberg an, wo die Mieten günstig waren. Nach dem Anwerbestopp 1973 zogen viele Gastarbeiter ihre Familien nach. In den 1980er und 1990er Jahren kamen Asylsuchende aus muslimischen Ländern nach Deutschland: aus dem Iran, Palästina, Libyen aber auch aus den Gebieten des damaligen Jugoslawien. Sie waren nach den Gastarbeitern die zweite große Einwanderungsgruppe aus islamischen Ländern. Mit der Anzahl der Muslime in Berlin wuchs auch die Zahl der Moscheen: Allein zwischen 1983 und 1994 kamen 30 neue Gebetsräume hinzu.