Die taz ist bekannt als streitlustige Zeitung, auch innerhalb der Redaktion knallt es gelegentlich. Zum Beispiel, wenn es um Anzeigenkunden geht, die nicht allen in der eher links ausgerichteten Redaktion passen. Vattenfall etwa oder die Bild-Zeitung. Selten aber war der Streit so groß wie in diesen Tagen. Der Grund: In der Berlin-Ausgabe der taz hat die eurokritische Alternative für Deutschland eine Anzeige geschaltet. Die spielt bewusst mit dem für die Partei ungewöhnlichen Medium: "In irgendeine Ecke stellt man uns ja immer. In der hier waren wir noch nie", heißt es darin.

Auf Twitter und Facebook bekam die Redaktion dafür sofort harsche Kritik zu hören: Die taz würde sich auf diese Weise mit der AfD gemein machen oder deren politische Agenda für Geld einfach ausblenden, hieß es da. Auf die wütenden Tweets antwortete die taz zunächst lapidar mit dem Satz "Wir sind eben käuflich" – und dem Link zu einem Blog-Eintrag aus dem Jahr 2011, der die finanzielle Struktur der Zeitung erläutert. Demnach kommt ein Großteil des Geldes aus den Abos der taz-Leser, nur rund zehn Prozent aus Anzeigen.

Trotzdem müsste die taz ohne dieses Geld Ausgaben kürzen und Mitarbeiter entlassen, heißt es weiter. "Sexistische, rassistische und kriegsverherrlichende Anzeigen" lehne die Zeitung dagegen klar ab. "Dies ist allerdings in der Praxis nicht sehr relevant, weil Anzeigen mit solchem Inhalt hier gar nicht erst bei der taz in Auftrag gegeben werden." In ihren Richtlinien verweist die Zeitung zudem auf die strikte Trennung von Redaktion und Anzeigenabteilung.

Der Unmut der Leser ist trotzdem groß: Wegen des Vorfalls sollen der taz schon Abo-Kunden abgesprungen sein.

Und auch in der Redaktion ist man sich keineswegs einig darüber, ob eine Anzeige der AfD, die immer wieder durch rechtspopulistische Aussagen auffällt, in der Zeitung gedruckt werden darf. Die Werbung soll im Haus für einen handfesten Streit gesorgt haben – nie sei die Debatte so hart geführt worden, ist aus der Redaktion zu hören.

Besonders heikel dürften viele taz-Mitarbeiter die Wahlwerbung vor dem Hintergrund eines Vorfalls finden, der sich Ende April in Bremen zutrug. Dort wurden bei einem Europawahl-Auftritt des AfD-Spitzenkandidaten Bernd Lucke die taz-Autorin Andrea Röpke und ein taz-Fotograf von Sicherheitsleuten angegriffen.

Der Streit in der Redaktion wird mittlerweile auch nach außen getragen: Am Dienstag veröffentlichten einige Redakteure der Berlin-Ausgabe einen Eintrag im taz-Redaktionsblog, in dem sie sich gegen die AfD-Werbung aussprechen – und damit auch gegen die bisherige Verteidigungshaltung der taz. Stattdessen kritisieren sie die Entscheidung offen.

Es sei zwar ein Missverständnis, dass die AfD eine rechtsextreme Partei wie die NPD sei. Sie sei aber ein konservatives Elitenprojekt, dass eine neue Form von "Menschenfeindlichkeit" gegen Schwächere in der Gesellschaft und "nicht Leistungsfähige" an den Tag lege. "Wenn die AfD nicht unter die Anzeigen-Kriterien der taz fällt, aber dennoch menschenverachtende und antidemokratische Positionen vertritt, müssen wir diese Kriterien dringend anpassen", heißt es darin.