Österreich hat einen neuen Bundespräsidenten: Alexander Van der Bellen setzte sich gegen den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer durch. Was lange nach einem engen Rennen aussah, war wenige Minuten nach Schließung der Wahllokale bereits entschieden.

Für Norbert Hofer und die Rechtspopulisten der FPÖ ist das Ergebnis eine schwere Niederlage. Van der Bellen erhielt nach der Stimmenauszählung in allen Wahlbezirken am Sonntagabend 50,35 Prozent. Laut Hochrechnung, die auch die Briefwähler berücksichtigt, sind es 53,3 Prozent für Van der Bellen. Die Briefwahlstimmen werden am Montagmorgen ausgezählt.

Hofer gestand seine Niederlage bereits ein. Zugleich kündigte er seine erneute Kandidatur für das Jahr 2022 an. Politiker aus Deutschland und Europa interpretierten das Ergebnis als Absage an Rechtspopulismus.

Van der Bellen sieht in seinem Sieg auch eine Bestätigung seines proeuropäischen Wahlkampfs. Als Bundespräsident wolle er das Land einen, so dass am Ende seiner Amtszeit die Menschen in Österreich von "unserem Bundespräsidenten" sprechen.

Sybille Klormann
Sybille Klormann
Das Aufatmen in Europa, es ist heute Abend – wenige Stunden, bevor auch das Ergebnis des Referendums in Italien bekannt wird – deutlich zu hören. 

Auch EU-Ratspräsident Donald Tusk hat dem künftigen österreichischen Präsidenten Alexander Van der Bellen zum Wahlsieg gratuliert und ihm Erfolg gewünscht. "Zu einer Zeit, in der wir vor schwierigen Herausforderungen stehen, bleibt der weitere konstruktive Beitrag Österreichs beim Finden gemeinsamer europäischer Lösungen und beim Erhalt unserer europäischen Einheit von entscheidender Bedeutung", sagte Tusk am Sonntagabend in Brüssel.
Benjamin Breitegger
Benjamin Breitegger
 "Ich sehe das Ergebnis auch mit einem lachenden Auge", sagt der freiheitliche Vizebürgermeister Wiens, Johann Gudenus, der Tageszeitung Der Standard. "Immerhin hat sich jeder zweite Österreicher für einen freiheitlichen Kandidaten entschieden."

Sybille Klormann
Sybille Klormann
Und so sieht das Wahlergebnis in Wien aus:
Sybille Klormann
Sybille Klormann
Das vorläufige Endergebnis ohne Briefwahl liegt vor: Van der Bellen liegt mit 50,35 Prozent vorne, Hofer erreicht 49,65 Prozent. 

Die Hochrechnung, die Briefwähler berücksichtigt, ergibt folgendes Bild: 53,3 für Van der Bellen, 46,7 Prozent für Hofer.



Michael Stürzenhofecker
Michael Stürzenhofecker
"Klarer Sieg gegen den Nationalismus", "Ein Sieg der Vernunft", "Bei den nächsten Parlamentswahlen werden sie siegen" – Deutschland und Europa reagieren auf die Präsidentenwahl in Österreich.
Sybille Klormann
Sybille Klormann
Die beiden Kandidaten sind gerade noch einmal live im ORF und Norbert Hofer hat Van der Bellen soeben gratuliert – mit Handschlag! Damit geht ein langer, schmutziger Wahlkampf doch noch mit etwas Anstand zu Ende. Beim letzten TV-Duell hatten sich beide Kandidaten hart angegangen – und ohne Handschlag verabschiedet.

Van der Bellen will auf jene zugehen, die ihn nicht gewählt haben. "Unser Bundespräsident", dieses Credo sei jetzt das Wichtigste. 

Er sei sich sicher, dass sein proeuropäischer Wahlkampf bei einer Mehrheit der Wählerinnen und Wähler ankam – und diesen Kurs werde er auch künftig weiter verfolgen. "Man kann Wahlen gewinnen mit proeuropäischen Positionen", sagte Van der Bellen. Das sei ein "gutes, starkes Signal" an die europäischen Hauptstädte.

Hofer zeigt sich enttäuscht: "Ich hätte gerne aufs Land aufgepasst." Die Niederlage tue ihm "sehr weh". Er will FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache bei der nächsten Parlamentswahl 2018 unterstützen und sagt: "Vielleicht darf ich in sechs Jahren noch mal als Bundespräsident antreten."
Sybille Klormann
Sybille Klormann
Es fehlen nur noch zwei Gemeinden, ansonsten sind 99,8 Prozent aller Stimmen ausgezählt.
Benjamin Breitegger
Benjamin Breitegger
Weitere Gratulationen trudeln ein: EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) sieht den Erfolg Van der Bellens als "schwere Niederlage für Nationalismus, Rückwärtsgewandtheit und antieuropäischen Populismus". 

Der Bundesvorsitzende der Grünen, Cem Özdemir, schreibt: "Van der Bellen war in einem harten Wahlkampf der Kandidat, der die Verteidigung der liberalen Werte repräsentierte, die sich gegenwärtig überall Angriffen von innen und außen erwehren müssen. Nun hat er die schwierige Aufgabe, die Kluft in der Bevölkerung zu schließen. Dafür wünsche ich ihm viel Kraft." 

Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) freut sich auf die Zusammenarbeit mit Van der Bellen. "Unser Ziel ist es, Österreich so wie bisher gemeinsam im Ausland zu vertreten und mit einer Stimme zu sprechen."

Benjamin Breitegger
Benjamin Breitegger
Hätten nur Männer gewählt, wäre Norbert Hofer neuer Bundespräsident Österreichs. Laut einer Wahltagsbefragung stimmten mehr als 60 Prozent der Wählerinnen für Alexander Van der Bellen.

Ferdinand Otto
Ferdinand Otto

In Wien hat Van der Bellen deutlich gewonnen, auch wegen Menschen wie ihm: "Ich habe nur drei Stunden geschlafen, weil ich noch die ganze Nacht in Kneipen Wahlkampf gemacht habe", sagt dieser junge Mann und findet: "Hat sich gelohnt."
In Wien hat Van der Bellen deutlich gewonnen, auch wegen Menschen wie ihm: "Ich habe nur drei Stunden geschlafen, weil ich noch die ganze Nacht in Kneipen Wahlkampf gemacht habe", sagt dieser junge Mann und findet: "Hat sich gelohnt."
Sybille Klormann
Sybille Klormann
Kleiner Ausreißer, der nicht überrascht: Kärnten geht mit deutlicher Mehrheit an Norbert Hofer. Hier gaben 56,55 Prozent der Bürger ihre Stimme dem FPÖ-Kandidaten. Nur 43,45 Prozent gingen an Van der Bellen.

In ganz Österreich sind jetzt 95 Prozent der Stimmen (ohne Briefwahl) ausgezählt. Ergebnisse zu den einzelnen Gemeinden finden Sie hier.
Benjamin Breitegger
Benjamin Breitegger
FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache gratuliert Van der Bellen auf Facebook. Jeder habe einen Vertrauensvorschuss verdient, schreibt er. Und an seinen Parteifreund gerichtet: "Norbert, du wärst ein guter Bundespräsident! Die Zeit war noch nicht reif dafür."
Ferdinand Otto
Ferdinand Otto

Beim <b>Team Van der Bellen</b> beginnt der gesellige Teil des Abend. Bei Würstchen und Weißwein feiern seine Anhänger das Ergebnis, wahrscheinlich geht die Party hier noch eine Weile.
Im Hintergrund läuft der ORF-Livestream. Als gerade der unterlegene Hofer sprach, war es still, man lauschte aufmerksam – nur unterbrochen von gelegentlichen Buh-Rufen. Ob der zukünftige Präsident vielleicht später noch hier vor seinen Fans sprechen wird, ist unklar.
Beim <b>Team Van der Bellen</b> beginnt der gesellige Teil des Abend. Bei Würstchen und Weißwein feiern seine Anhänger das Ergebnis, wahrscheinlich geht die Party hier noch eine Weile. Im Hintergrund läuft der ORF-Livestream. Als gerade der unterlegene Hofer sprach, war es still, man lauschte aufmerksam – nur unterbrochen von gelegentlichen Buh-Rufen. Ob der zukünftige Präsident vielleicht später noch hier vor seinen Fans sprechen wird, ist unklar.
Florian Gasser
Florian Gasser
Ein wenig ratlos sahen die Journalisten in der Wiener Hofburg aus. Fast alle hatten damit gerechnet, dass es knapp wird – so knapp, dass auch diesmal kein Sieger am Wahlabend feststehen würde. Doch es kam anders und hat alle überrascht. "Was machen wir jetzt noch heute?", fragen sich viele und wandern zwischen den einzelnen Fernsehstationen hin und her, deren Bühnen nebeneinander stehen. Manche packen schon zusammen, andere laben sich am Buffet und viele brechen zur Wahlparty der Grünen auf.
Benjamin Breitegger
Benjamin Breitegger
Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) gratuliert Van der Bellen. Er sei ein "guter Partner für eine weltoffene Politik der Chancen". "Härte und Mittel im Wahlkampf waren nicht immer vorbildlich", sagte Kern. Niemand solle sich als Verlierer fühlen. "Wir alle gemeinsam sind Österreich." Europa stehe vor großen Herausforderungen, die man nun angehen müsse.