Was benötigt man eigentlich
zum Livestreamen von Videospielen im Internet? Einen PC und eine halbwegs
flotte Internetverbindung – klar. Einen Account auf Plattformen wie twitch oder
YouTube sowie die entsprechende Streaming-Software – logisch. Ein Headset oder
eine Webcam, um das Spielgeschehen für die Zuschauer möglichst unterhaltsam zu
kommentieren – hilfreich. Eine Rundfunklizenz der Landesmedienanstalt – echt
jetzt?
So ähnlich fiel die Reaktion
von Peter Smits aus, als er vor etwas mehr als einer Woche Post von den
Landesmedienanstalten erhielt. Darin hieß es, die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) der
Medienanstalten beanstande die Verbreitung seines twitch-Kanals PietSmietTV.
Bei dem Kanal, der rund um die Uhr sogenannte Let's-Play-Videos sendet, handele
es sich um ein Rundfunkangebot ohne Zulassung. Bis zum 30. April soll Smits
diese beantragen, sonst wird die ZAK das Angebot untersagen, es drohen
Geldstrafen.
Zunächst zeigte sich Smits, der mit PietSmiet einen der erfolgreichsten deutschsprachigen YouTube- und twitch-Kanäle betreibt, relativ entspannt. Da es sich bei PietSmietTV nur um einen Nebenkanal handelt, wolle man die Anforderungen prüfen und das Angebot im Zweifelsfall eben dicht machen. Einen Tag später waren die Sorgenfalten in Smits Gesicht schon größer. Die Sache sei doch "ein wenig ernster", sagte er seinen Zuschauern in einem zweiten Video. Denn auf Nachfrage erklärte die Landesmedienanstalt, auch der schlicht PietSmiet genannte Hauptkanal auf twitch sei Rundfunk und benötige eine entsprechende Lizenz.
Ist jetzt jeder Streamer ein Rundfunker?
Jetzt beobachten nicht nur
die deutschen Let's-Player den Fall ganz genau. Auch andere regelmäßige
Livestreamer könnte der Ausgang betreffen: Nachrichtenseiten, Sportvereine, Unternehmen.
Es geht um die Frage, welches Angebot im Internet als Rundfunk gilt und was das
eigentlich für die Zukunft von Livestreaming bedeutet – auf YouTube und twitch,
aber auch auf Facebook Live, Instagram oder Snapchat. Und es geht um die allgemeinere
Frage, ob hier die Politik ein Geschäftsmodell im Internet überreguliert und es nicht neuer Gesetze bedarf.
Dass die Landesmedienanstalten
Sendungen im Netz kontrollieren und regulieren, ist jedenfalls nicht neu.
Bereits vor
gut zehn Jahren diskutierten sie, ob und welche Web-TV-Angebote eine
klassische Rundfunklizenz benötigen. Eine genaue Definition gab es damals
nicht, auch weil die Anstalten verschiedener Bundesländer
unterschiedliche Ansichten hatten und deshalb von Fall zu Fall entscheiden
wollten. 2012 wurde mit der Isarrunde
die erste deutsche YouTube-Sendung als
"Fernsehsender" lizensiert, andere folgten. Auch der Gaming-Sender
Rocketbeans verfügt inzwischen über
eine solche Sendelizenz. PietSmiet sind also nicht die ersten Gamer, die mit
diesem Thema in Kontakt kommen.
Welche Voraussetzungen führt
die ZAK eigentlich an, um PietSmiet – und damit theoretisch andere ähnliche
Kanäle im Netz – als Rundfunk zu definieren? In der Pressemitteilung heißt es:
"Rundfunk ist laut dem
Rundfunkstaatsvertrag ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst, der
sich an die Allgemeinheit richtet. Er verbreitet ausgewählte Angebote, die
Nutzer weder zeitlich noch inhaltlich beeinflussen können, entlang eines
Sendeplans." Auf der Website der Landesmedienanstalten gibt
es eine Checkliste, die mehr Details
enthält.
Tatsächlich treffen die meisten darin
erwähnten Punkte auf PietSmiet zu. Erstens wird auf den twitch-Kanälen live,
also linear gesendet (im Gegensatz zum YouTube-Kanal, in dem die Videos auf
Abruf verfügbar sind). Zweitens können mehr als 500
Zuschauer gleichzeitig einschalten. Dabei geht es nicht darum, ob auch 500 Menschen tatsächlich gleichzeitig zugucken, sondern ob so viele überhaupt technisch erreicht werden können – das ist im Fall von Streams in der Regel der Fall, da die Server von Plattformen wie twitch keine Begrenzung zulassen. Drittens
findet durch die Kommentierung eine "redaktionell-journalistische
Gestaltung" statt. Und viertens finden die Streams regelmäßig
beziehungsweise dauerhaft statt, es gibt also ein gewisses Sendeschema.
Eine Rundfunklizenz kostet und ist aufwändig
Diese Kriterien erfüllen noch
andere twitch-Kanäle, weshalb die Szene befürchtet, sie alle müssten nun
eine Rundfunklizenz beantragen. Die ist teuer. Als Kosten
für die Bearbeitung legen die – übrigens von der Haushaltsabgabe finanzierten –
Landesmedienanstalten eine Summe zwischen 1.000 und 10.000 Euro fest, wobei sich
Let's-Player eher an der unteren Grenze wiederfinden dürften. Dazu kommen unter
Umständen noch Anwaltskosten.
Zudem ist der bürokratische Aufwand beträchtlich, wie der IT-Verlag Heise im vergangenen Jahr erfahren musste: Um eine regelmäßige Livesendung zu lizensieren, musste er mit dem Antrag Unternehmensangaben und Vermögensverhältnisse offenlegen und sich dazu verpflichten, "medienrechtliche Vorschriften einzuhalten, wie etwa allgemeine Programmgrundsätze, Werbe- und Sponsorenregelungen, Vorschriften über den Schutz der Menschenwürde und der Jugend sowie die Gewinnspielregelungen." Zudem musste Heise eine für die Sendung verantwortliche Person sowie einen Jugendschutzbeauftragten ernennen. 1.200 Euro und drei Monate später bekam der Verlag den Zulassungsbescheid.
So manche Streamer dürften
angesichts dieser Auflagen schlucken. Gerade wenn sie doch eigentlich nur jeden
Abend für zwei, drei Stunden vom Schreibtisch aus senden und nicht Teil eines
Unternehmens wie etwa Rocketbeans oder Heise sind. Zwar können sie auch jetzt bei Verstößen gegen den Jugendschutz medienrechtlich belangt werden.
Doch mit den Verpflichtungen eines Rundfunkanbieters hätten sie plötzlich einen
anderen Status, müssten auf Altersfreigaben der gezeigten Games und auf Auflagen
zum Sponsoring achten. Das könnte viele abschrecken.
Was benötigt man eigentlich
zum Livestreamen von Videospielen im Internet? Einen PC und eine halbwegs
flotte Internetverbindung – klar. Einen Account auf Plattformen wie twitch oder
YouTube sowie die entsprechende Streaming-Software – logisch. Ein Headset oder
eine Webcam, um das Spielgeschehen für die Zuschauer möglichst unterhaltsam zu
kommentieren – hilfreich. Eine Rundfunklizenz der Landesmedienanstalt – echt
jetzt?
So ähnlich fiel die Reaktion
von Peter Smits aus, als er vor etwas mehr als einer Woche Post von den
Landesmedienanstalten erhielt. Darin hieß es, die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) der
Medienanstalten beanstande die Verbreitung seines twitch-Kanals PietSmietTV.
Bei dem Kanal, der rund um die Uhr sogenannte Let's-Play-Videos sendet, handele
es sich um ein Rundfunkangebot ohne Zulassung. Bis zum 30. April soll Smits
diese beantragen, sonst wird die ZAK das Angebot untersagen, es drohen
Geldstrafen.