Wenn es um langsames Internet geht, können seine Nutzer ziemlich schnell werden: In weniger als vier Tagen haben mehr als 50.000 Menschen eine ePetition zur Verpflichtung der Internetanbieter zu Netzneutralität unterzeichnet. Schneller wurde dieses Quorum bisher nur bei der ePetition gegen Netzsperren von Franziska Heine im Jahr 2009 erreicht, da dauerte es ein paar Stunden weniger.

Der Hauptpetent Johannes Scheller musste innerhalb von vier Wochen 50.000 Unterzeichner gewinnen, um sein Anliegen in einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages vorbringen zu können. Wann das passiert, ist noch unklar. Möglicherweise wird sich der Ausschuss erst nach der Sommerpause des Parlaments oder sogar nach der Bundestagswahl damit befassen.

Scheller ruft den Bundestag dazu auf, ein Gesetz zu beschließen, dass die Internet-Provider in Deutschland zur Netzneutralität, also zur Gleichbehandlung aller Datenpakete zwingt. Es sollen "keine Inhalte, Dienste oder Dienstanbieter durch diese Provider benachteiligt, künstlich verlangsamt oder gar blockiert werden" dürfen, heißt es im Text der ePetition 41906.

So eine Drosselung der Internetgeschwindigkeit könnte nämlich drohen, wenn die Deutsche Telekom ihren Plan durchsetzt: Sie hat angekündigt, ab dem Jahr 2016 die Bandbreite ihrer Kunden zu drosseln, wenn diese ein bestimmtes Volumen im Monat überschritten haben. Die Grenze soll bei 75 Gigabyte im Monat liegen, wobei die Telekom sagt, dass sie diesen Wert noch anpassen könne.

Inhalteanbieter wiederum können sich "freikaufen": Wenn sie die Telekom dafür bezahlen, werden ihre Dienste und Inhalte auch dann nicht gedrosselt, wenn der Endkunde sein Limit überschritten hat. Kritiker halten das für eine Verletzung der Netzneutralität, die in Deutschland zwar nicht gesetzlich festgeschrieben ist, aber zu den Grundprinzipien des Internets gehört.

Scheller hat nun das nächste Ziel ausgerufen: Bis zum 18. Juni – dem Ende der Mitzeichnungsfrist – möchte er 100.000 Unterstützer für sein Anliegen gewinnen. Dass es die potenziell gibt, zeigt die "Drosselkom"-Petition auf change.org, die mittlerweile mehr als 190.000 Menschen gezeichnet haben. Sie richtet sich direkt an die Deutsche Telekom, ist aber in keiner Weise bindend.

Auch die Anhörung von Scheller im Petitionsausschuss muss keine Folgen haben, denn die schwarz-gelbe Bundesregierung will kein Gesetz zur Netzneutralität. SPD, Grüne, Linke und Piratenpartei dagegen fordern eine entsprechende gesetzliche Regelung.

Was ist wichtiger – Online-Petitionen oder Offline-Demos?

Im Bundestag wird das Thema bislang nur zögerlich behandelt: In der Plenardebatte am 17. Mai stand es zwar auf der Tagesordnung, doch die Reden wurden, wie netzpolitik.org berichtete, nur zu Protokoll gegeben und das Thema an die zuständigen Ausschüsse geleitet.

Die erfolgreiche ePetition ist aber ein Signal sowohl an die Politik als auch an die Telekom und andere Internet-Provider, das Thema nicht zu unterschätzen. Die Frage ist nur, ob Politiker und Unternehmer eher auf 50.000 oder 100.000 Online-Unterschriften schauen oder auf 40 Demonstranten vor der Hauptversammlung der Telekom-Aktionäre.