Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) rechnet für die kommenden Jahre mit einer größeren Finanzlücke. Wegen schlechterer Konjunkturaussichten und steigenden Ausgaben fehlten im Bundeshaushalt bis 2023 insgesamt fast 25 Milliarden Euro, wie aus einer Aufstellung von Scholz hervorgeht, die der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt. Zuerst hat die Bild-Zeitung über die Berechnungen berichtet.

Den Berichten zufolge erwartet das Finanzministerium allein in diesem Jahr eine Lücke von fünf Milliarden Euro. Zudem brauche das Verteidigungsressort von Ursula von der Leyen (CDU) mehr Geld als geplant.

Das Finanzministerium weist in dem Papier auf weitere Risiken hin, etwa den Kompromiss zum Kohleausstieg. In der Berechnung sind bereits 500 Millionen Euro jährlich dafür vorgesehen. Weitere 1,5 Milliarden Euro pro Jahr seien nötig, um die Kosten zu decken, die in Deutschland wegen des Verstoßes gegen die Klimaauflagen im Verkehr-, Gebäude- und Landwirtschaftsbereich entstehen.

Die Rücklagen für die Flüchtlingshilfe von über 35 Milliarden Euro sind in der Aufstellung bereits verrechnet. Scholz fordert daher den Berichten zufolge einen Sparkurs. Personalausgaben des Bundes dürften nicht weiter steigen. "Investitionen werden auf dem Niveau 2019 fortgeschrieben", heißt es in dem Papier des Finanzministeriums. Und: "Keine weitere Steuerfinanzierung des Digitalfonds (Breitband, Digitalpakt Schule)." Neue Ausgaben könnten nur möglich gemacht werden, wenn entsprechend in den Haushalten der Ministerien gespart werde.

Finanzministerium will keine neuen Schulden

Eine Sprecherin des Finanzministeriums teilte mit, die Haushaltsplanung sei erst am Anfang. Die Zeiten, in denen sich am Jahresende immer mehr Geld in der Staatskasse befinde als zuvor angenommen, seien jedoch vorbei. Auf diese Entwicklung sei die Bundesregierung "gut vorbereitet". Die "wichtigen und richtigen Dinge" sollten weiterhin finanziert werden, "aber vielleicht nicht mehr alles", teilte die Sprecherin mit. Am Ende solle auf jeden Fall wieder ein Haushalt ohne Schulden stehen.

Der Bund hatte 2018 dank höherer Steuereinnahmen und geringerer Ausgaben als geplant einen Überschuss von 11,2 Milliarden Euro erzielt. Allerdings hatte Scholz bei der Vorstellung der Steuerschätzung bis 2022 Ende Oktober schon gemahnt, man müsse sich auf eine "Normalisierung der Einnahmenentwicklung vorbereiten". Seither hat die Bundesregierung ihre Prognosen für das Wirtschaftswachstum nochmals deutlich gesenkt, was sich auch in den Steuereinnahmen niederschlagen dürfte.

FDP wirft großer Koalition "verfehlte Haushaltspolitik" vor

Die FDP warf der Bundesregierung eine "völlig verfehlte Haushaltspolitik zulasten der Bürger" vor. "Das muss man erst mal schaffen", twitterte Parlamentsgeschäftsführer Marco Buschmann. Die Geldnot sei die Folge einer "Politik, die das Geld zum Fenster rauswirft".

Die AfD-Fraktionschefin Alice Weidel teilte mit, "die Misswirtschaft der vergangenen Jahre" räche sich nun. "Der Staat geht unverantwortlich mit dem Geld der Bürger um", sagte Weidel. Als Beispiele nannte sie unter anderem steigende "Asylkosten".

"Seit Jahren ist klar, dass die Überschüsse nicht ewig so weiter gehen werden", kritisierte der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler. Ebenso wie sein Vorgänger Wolfgang Schäuble (CDU) habe Scholz es versäumt, den Bundeshaushalt "für die Zukunft fit zu machen". Kindler forderte strukturelle Änderungen am Etat: "Jedes Jahr verschwendet der Bund über 50 Milliarden an Subventionen, die das Klima und damit unsere Lebensgrundlagen zerstören", sagte der Grünen-Politiker. "Die Subventionen für den schmutzigen Diesel, für die Flugkonzerne, für Plastiktüten oder für die Agrarindustrie müssen konsequent abgebaut werden."